Grundriss

Planung eines Haus-Grundrisses

Weiterhin Materialengpässe auf Grund der Corona-Pandemie und Naturereignissen, Zinssteigerungen, Preissteigerungen, Inflation und Krieg zwischen Russland und der Ukraine – im Moment geschehen viele Dinge, die den Bau eines Hauses immer kostspieliger machen. Dennoch möchte ich unsere Erfahrungen als persönliches Tagebuch festhalten. Sicher findet der eine oder die andere daran auch noch einen Nutzen. In diesem Beitrag geht es um den Grundriss des zukünftigen Hauses. Wahrscheinlich lässt sich das Vorgehen auch auf Sanierung und Umbau einer Bestandsimmobilie anwenden.

In diesem Beitrag versuche ich, soweit es die Erinnerung zulässt, in der Reihenfolge vorzugehen, wie wir es durchgeführt und erlebt haben. Besonders wichtige Erfahrungen/Feststellungen werde ich mit einem 💡-Emoji hervorheben. Ansonsten natürlich gerne per Kommentar-Funktion fragen!

Warum überhaupt selbst planen?

Eine Frage, die uns mehrfach gestellt wurde: Warum planen wir unseren Grundriss selbst? Es gibt sehr viele Unternehmen im Baugewerbe, die unzählige Entwürfe auf ihren Internetseiten und in Katalogen präsentieren. Hier sind in den meisten Fällen auch Anpassungen möglich. Bei den immer weiter steigenden Preisen muss jedoch das Ergebnis stimmen und Kompromisse – soweit möglich – vermieden werden. Wir haben viele Grundrisse betrachtet, den Kontakt mit Unternehmen gesucht und unsere Ideen und Wünsche genannt. Da uns aber keiner der Grundrisse zusagte, haben wir unser Haus schlussendlich selbst entworfen. Dies liegt mitunter jedoch auch daran, dass wir bestimmte Voraussetzungen hatten, die scheinbar zu selten nachgefragt werden. Dazu aber gleich mehr.

💡 Je spezieller die eigenen Anforderungen, desto unwahrscheinlicher ist es, dass man einen passenden Entwuf in einem Katalog findet.

💡 Der Kontakt mit Bauunternehmen ist wie ein Vorstellungsgespräch – jedes Gespräch schult, jeder Termin bringt konkretere Ergebnisse.

💡 Henry Ford sagte einst: „Wenn ich die Leute gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: »schnellere Pferde«“. Wer sich zu sehr auf vorhandene Grundrisse stützt, wird auch nur klassische Häuser bauen. Es kann also helfen, sich hier gar nicht zu sehr zu vertiefen und von null zu beginnen.

Was möchte ich (und was darf ich?)

Der Grundriss eines Hauses sollte die eigenen Anforderungen erfüllen und den Bedarf inkl. einem Puffer für die Zukunft (z. B. Kinderzimmer) abdecken. Natürlich sollte das Gebäude statisch auch baubar sein, aber da ist heute scheinbar nahezu alles möglich. Für unser Flurstück gibt es bzgl. der Raumaufteilung keine Einschränkung. Der Vollständigkeit halber aber: Es gibt Grundstücke, bei denen die Aufteilung oder Ausrichtung der Räume durch einen Bebauungsplan vorgeschrieben ist. Dieser Umstand muss dann natürlich ebenfalls bedacht werden. Für die meisten Menschen ist das Ergebnis an dieser Stelle eine Auflistung von Räumen, ggf. mit der Anmerkung, ob die Küche offen oder geschlossen sein soll.

Spannend (und kompliziert 😅) wird es jedoch, wenn die Planung zusätzliche Einschränkungen oder Anforderungen befriedigen soll. Für uns handelte es sich hierbei um:

  • Die Treppe soll als Podesttreppe installiert sein und darf sich nicht neben der Haustür befinden (findet sich in fast jedem Haus, finde ich furchtbar)
  • Von der offenen Küche geht es in eine Vorratskammer
  • Der Bereich unter der Treppe soll sinnvoll genutzt werden (einfach zumauern und eine Tür vor erfüllt diese Anforderung nicht 😉)
  • Der HWR im Erdgeschoss stellt nur eine Backup-Lösung für das Alter dar – gewaschen wird im Obergeschoss.
  • Außerdem hat das Erdgeschoss ein Arbeitszimmer, das im Notfall ein Schlafzimmer werden kann.
  • Neben dem Schlafzimmer soll sich eine kleine Ankeide befinden.

Die Liste der Räume in Kombination mit erlaubten und gewünschten Voraussetzungen und Einschränkungen werden sich bei der Planung permanent vorgehalten.

💡 Das Anfertigen einer Raumliste ist keine große Kunst. Seinen Bedarf zu bewerten ist schon schwieriger. Die Anforderungen sind aber mit Diskussionen verbunden, weil man sich einig sein muss.

💡 Es gibt sehr seltsame Vorgaben in Bebauungsplänen (etwa, in welche Himmelsrichtung Schlafzimmer zu sein haben)

Was bedeutet Größe und wie wirkt sie auf mich?

Jeden Tag betreten wir unsere vier Wände. Wir verwenden Verkehrsmittel, legen Strecken zurück, besuchen Wohn- und Bürogebäude. Dies tun wir im Allgemeinen ohne jedwedes Gefühl für Größen und Entfernungen. Dies ist jedoch im neuen Gebäude essentiell, da Durchgänge wohlüberlegt sein wollen, um kein Nadelöhr zu bilden oder Platz zu verschwenden. Zum Testen verschiedener Tablet-Apps oder Desktop-Anwendungen (um diese wird es im nachfolgenden Abschnitt gehen) habe ich versucht, unsere Wohnung zu skizzieren. Dabei war ich überrascht, wie unterschiedlich meine Schätzungen gegenüber der Realität waren.

Es geht beim Thema Größe jedoch nicht nur um das Bewusstsein der gewohnten Umgebung. Vielmehr sollten die Häuser und Wohnungen von Familie, Freunden und Bekannten im Kopf durchschritten werden. In jedem Haus wird hat man bereits gedacht „schön gelöst“, „doch etwas eng jetzt“ oder „musste das wirklich so groß/klein sein?“. Hierbei geht es auf keinen Fall um Verurteilung anderer Einrichtungen, sondern um die eigene Immobilie. Nur weil ich etwas als unpassend empfinde, geht es ja nicht jedem so. Falls ihr jedoch etwas entdeckt, sucht das Gespräch. Warum ist etwas so umgesetzt, hat sich das bewährt. Würde es wieder so gemacht werden?

Zuletzt kann es hilfreich sein, mit einem Maßwerkzeug bewaffnet einen Musterhauspark oder ein Möbelgeschäft zu besuchen. Vor allem letztere präsentieren gelegentlich ungewöhnliche Konstellationen, die als Denkanstoß helfen können. Hierbei ist es aber sehr wichtig, dass ihr typische Aufgaben fiktiv durchspielt. Dabei reicht es nicht, diese im Kopf durchzuspielen. Sie sollten wirklich mal im vorhandenen Raum ausprobiert werden. Denn in vielen Räume, die auf den ersten Blick schön aussehen, lassen sich typische Aktionen nicht oder nur umständlich ausführen. Gerade das kann aber eine Erfahrung sein, mit deren Hilfe man Abstände oder Konstellationen ausschließen kann.

💡 Mehr als die Anzahl der Quadratmeter unseres Wohnraums kennen wir normalerweise nicht

💡 Das räumliche Vorstellungsvermögen (oder das Selbstvertrauen) können noch so gut sein. Sobald man die erste Skizze anfertigt, merkt man schnell, wo die persönlichen Grenzen liegen

💡 Nicht nur vom Auge leiten lassen, Anwendungsfälle durchspielen!

Welche App(s) haben wir verwendet?

Zu Beginn haben wir erst mal verschiedene Anwendungen auf Tablet und am Desktop ausprobiert. Natürlich gab es auch Empfehlungen, aber diese bezogen sich auf den späteren Verlauf der Planung (Einrichtung und Außenanlagen). Keine der Anwendungen, diesen Anwendungsfall abdeckt, konnte uns bei der Planung des Grundrisses überzeugen. Zum Glück entdeckten wir magicplan. Obwohl es sich hierbei um ein kommerzielles Produkt handelt, lassen sich bis zu zwei Gebäude kostenfrei verwalten. Magicplan steht als App für Mobilgeräte sowie als Browser-Anwendung für beliebige Einsatzorte zur Verfügung. Über die Server des Anbieters (neudeutsch Cloud) ist es möglich, die Projekte zu synchronisieren. Einziger Wehrmutstropfen ist, dass der Anbieter im Verlauf unserer Planung einen Login-Zwang einführte.

Die Wahl fiel aus mehreren Gründen auf die genannte App. Nach dem Anlegen eines Projektes war es ohne Einweisung möglich, ein beliebiges Stockwerk innerhalb von wenigen Minuten zu entwerfen. Neue Räume erzeugen, Maße angeben bzw. Wände verschieben, Raum positionieren. Vor allem mit einem Stift war die Bedienung großartig. Es steht zudem eine eingeschränkte Auswahl an Objekten zur Verfügung, die zum Unterstreichen der Raumfunktion geeignet sind. Hierbei lassen sich sogar rudimentäre 3D-Renderings erzeugen. Die Zahl der Räume ist (bisher) nicht beschränkt. Diesen Umstand haben wir uns zunutze gemacht, indem wir Grundrisse dupliziert und nebeneinander platziert haben, um kleine Änderungen in verschiedenen Variationen auszuprobieren. Hierbei beschränkte lediglich das Alter des verwendeten Tablets mit zunehmender Zahl von Grundrissen in der gleichen Ansicht.

💡 Nur wenige Menschen zeichnen ihren Grundriss selbst. Auf Grund der geringen Nachfrage gibt es nur wenig spezialisierte Apps und die anderen, in denen die Grundriss-Funktion enthalten ist, sind bestenfalls mangelhaft.

💡 Die meisten Planungs-Apps haben eine furchtbar schlechte UX 😅

Wie sind wir vorgegangen?

Die entscheidene Frage ist durch die bisherigen Erklärungen vorbereitet – und leider auch nicht wirklich konkret zu beantworten. Wir haben jede zuvor genannte Einschränkung als Ausgangslage genommen und die vorgesehenen Räume nach und nach platziert. Je größer die Anzahl der Einschränkungen, desto länger wird es wahrscheinlich am Anfang dauern, bis man einen funktionierenden Grundriss hat. Da es unwahrscheinlich ist, dass der Grundriss direkt passt, sind Anpassungen notwendig. Es ist nicht notwendig (nach einiger Zeit aber hilfreich), wieder von Vorne anzufangen. Stattdessen genügt es meist schon, Räume zu tauschen oder ggf. das Gebäude zu spiegeln.

💡 Wenn man die Größe der Räume erst einmal außer Acht lässt, ist es einfacher, die Räume zu verteilen. Virtuelle Wände kann man immer noch verschieben.

💡 Beschnitte Screenshots erlauben die Sichtung bereits angefertigter Grundrisse und erlauben das Entfernen aus dem Plan, um die Performance nicht zu sehr abzusenken.

💡 Es kann eine ganze Weile dauern, bis man zufrieden ist und den Grundriss als realistisch (bezogen auf Raumgrößen) eingeordnet hat. Bei uns war das eine deutlich dreistellige Zahl von Grundrissen…

Wie geht es weiter?

Tatsächlich haben wir irgendwann einen Grundriss erreicht, der uns beide zufriedenstellte. Diesen haben wir dann in einer anderen Anwendung modelliert, um konkrete Maße zu bestimmen. Alternativ könnt ihr eine Dienstleistung wie Grundriss-In-Lebensgröße in Anspruch nehmen. Da wir Abstände zu Hause erfahren und überprüfen konnten, haben wir von den Kosten dieser Dienstleistung abgesehen. Das muss aber jeder für sich entscheiden.

Bzgl. der Modellierung in der anderen Anwendung werde ich einen weiteren Artikel verfassen, da das Modell zur Planung von Möbeln und Elektrik verwendet wird. Außerdem ist es deutlich eindrucksvoller als ein 2D-Entwurf 😉.

PS: Der Grundriss im Beitragsbild ist eine Verlaufsversion und nicht das endgültige Ergebnis.

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